Die Inflation in der Schweiz steigt weiter, doch der Kanton Bern hat die Sozialhilfe nicht entsprechend angepasst. Dies führt zu starker Kritik. Bereits im November 2022 empfahl die Konferenz der Sozialdirektoren der Kantone eine Erhöhung des Grundbedarfs um 25 Prozent, was einer monatlichen Steigerung von 25 Franken entspricht. Während andere Kantone dieser Empfehlung gefolgt sind, hat Bern beschlossen, die Situation lediglich zu beobachten.
Bern ist der einzige Schweizer Kanton, der den Grundbedarf in der Sozialhilfe seit über einem Jahrzehnt nicht erhöht hat. Diese Tatsache bedeutet, dass Sozialhilfeempfänger in Bern dieses Jahr ungefähr 650 Franken weniger erhalten als in anderen Kantonen. Bereits 2014 führte diese Diskrepanz zu öffentlichem Unmut. Damals kritisierte der Gemeinderat der Stadt Bern die ausbleibende Anpassung an die Teuerung.
Forderungen nach einem Inflationsausgleich
Einige Gemeinden haben ebenfalls Kritik geäussert und einen Brief an den Regierungsrat verfasst, in dem sie eine Erhöhung des Grundbedarfs fordern. Die Berner Regierung argumentiert jedoch, dass kein Anlass bestehe, den Grundbedarf zu erhöhen, da die Strompreise stabil seien. Zudem betont die Regierung, dass Sozialhilfeempfänger weiterhin Anspruch auf umfassende persönliche und wirtschaftliche Unterstützung sowie soziale Dienstleistungen haben.
Es ist unverständlich und inakzeptabel, dass der Kanton Bern bei den schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft spart. Gleichzeitig erhalten andere Sektoren, wie die Beamten, eine Lohnerhöhung von 12 Prozent. Ein fairer Inflationsausgleich ist entscheidend, um sicherzustellen, dass alle Bewohner ihre Grundbedürfnisse decken können. Der Kanton Bern muss jetzt Verantwortung übernehmen und handeln.
Die Notwendigkeit eines Bundesrahmengesetzes
Die aktuelle Situation zeigt die dringende Notwendigkeit eines Bundesrahmengesetzes für die Sozialhilfe auf. Dieses Gesetz würde Leistungen und Kosten einheitlich definieren. Ein solches Rahmengesetz könnte die Zusammenarbeit und Koordination zwischen den Behörden verbessern. Zudem würde es für mehr Transparenz und Effizienz sorgen. Es ist höchste Zeit, dass Bundesrat und Parlament aktiv werden und die Einführung eines solchen Gesetzes vorantreiben.
Ein Bundesrahmengesetz für die Sozialhilfe würde auch die demokratische Legitimität der Sozialhilfe erhöhen. Es würde die aktuellen Mehrspurigkeiten im System beseitigen, die sowohl für die Verwaltung als auch für die Bezugsberechtigten einen unnötigen Mehraufwand darstellen. Durch die föderalistische Ausgestaltung der Sozialhilfe entstehen Ungleichheiten bei den Bedingungen und Leistungen, die sich negativ auf die soziale und berufliche Integration der Betroffenen auswirken. Ein Rahmengesetz könnte diese Ungleichheiten beheben und einen fairen Finanzausgleich zwischen den Kantonen und Gemeinden ermöglichen.
Ein Bundesrahmengesetz verhindert auch, dass Kantone und Gemeinden in einen Wettbewerb um die tiefsten Sozialhilfeleistungen treten, um Kosten zu sparen. Dies gewährleistet die in der Bundesverfassung verankerten Grundrechte, wie das Recht auf Hilfe in Notlagen (Art. 12), den Schutz der Privatsphäre (Art. 13) und die Niederlassungsfreiheit (Art. 24 Abs. 1) für alle Sozialhilfeempfänger. Ein einheitlicher Rahmen ist essenziell, um eine faire und effiziente Sozialhilfe in der gesamten Schweiz sicherzustellen.
Quelle | Link |
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SKOS | Auswirkung der Teuerung auf die Sozialhilfe |
Medien | Datum | Links |
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Blick | 22. Mai 2023 | Kein Teuerungsausgleich für Sozialhilfe-Bezüger: Diese Kantone knausern bei den Ärmsten |
Berner Zeitung | 20. Mai 2023 | Bern bleibt das Schlusslicht |