Rede an der Kundgebung «Sozialen Kahlschlag Stoppen» Dienstag, 22. November 2017, auf dem Rathausplatz in Bern.
Die SVP und ihre bürgerlichen Verbündeten versuchen, die Sozialhilfe mit dem Vorurteil zu zerschlagen, dass Sozialhilfebeziehende nicht arbeitswillig seien. Eine verfassungswidrige Revision wurde auf dem Rücken der Ärmsten unserer Gesellschaft beschlossen, die gleichzeitig verhöhnt werden. Es ist ein weit verbreitetes Vorurteil, dass sich Sozialhilfebeziehende auf Kosten der Steuerzahler ein bequemes Leben machen. Regierungsrat Pierre Alain Schnegg will dieses Vorurteil für die SVP produktiv machen, wobei übersehen wird, dass viele Sozialhilfebeziehende krank sind und keine Chance auf Arbeit haben.
Trotz Beschäftigungsboom und vermeintlich niedriger Arbeitslosigkeit – die nur niedrig erscheint, weil nicht alle Arbeitslosen in der Arbeitslosenstatistik erfasst werden – finden Langzeitarbeitslose kaum noch Arbeit. Diese Menschen benötigen gezielte Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen, um ihre Chancen auf eine Beschäftigung zu verbessern.
In den Medien werden meist nur die Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) gemeldet, während die umfassenderen Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) keine Rolle spielen. Die offizielle Arbeitslosenstatistik des SECO erfasst nur die beim RAV registrierten Arbeitslosen, während das BFS durch die Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (SAKE) eine umfassendere Sichtweise bietet, die auch nicht registrierte Arbeitslose, wie z.B. Sozialhilfeempfänger, berücksichtigt.
Kampf gegen die Armut
Wir dürfen die Armen nicht erwürgen, sondern müssen ihnen Luft zum Atmen lassen. Diese Politik führt zur Ausdehnung des Niedriglohnsektors. Immer mehr Menschen müssen in Bereichen arbeiten, in denen sie kaum über die Runden kommen und keine Perspektive entwickeln können. Die bürgerliche Mehrheit im Grossrat verschließt die Augen und fördert prekäre Beschäftigung. Wir dürfen die Sozialhilfe auf keinen Fall senken, sondern müssen die Niedriglöhne erhöhen. Dafür braucht es einen Mindestlohn, nicht eine Verelendung der Sozialhilfeempfänger.
Wirtschaftliche Mythen entlarven
Neoliberale behaupten seit Jahrzehnten, dass hohe Steuern der Wirtschaft schaden. Diese Behauptung ist schlichtweg falsch. Niemand verzichtet auf ein Geschäft, nur weil er auf den Gewinn Steuern zahlen muss. Die Investorenlegende Warren Buffett sagte einmal: „Höhere Steuern haben überhaupt keine Auswirkungen auf die Höhe der Investitionen. Menschen investieren, um Geld zu verdienen, und Steuern haben sie dabei noch nie abgehalten.“ Buffett hat auch betont, dass die Steuerlast auf Kapitaleinkommen im Vergleich zu Erwerbseinkommen relativ gering ist und dass höhere Steuern auf die Wohlhabenden die Investitionen nicht beeinträchtigen.
Forderungen
Wir müssen Privatisierungen stoppen und Geschäfte mit kranken Menschen verhindern. Der Sozialstaatsabbau darf nicht fortgesetzt werden, um die Kinderarmut nicht zu erhöhen. Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche dürfen nicht auf Kosten von Kürzungen bei der Spitex und der Bildung geschehen. Es ist unerlässlich, weiterhin in die öffentliche Gesundheitsversorgung zu investieren und den Zugang zu Bildung für alle sicherzustellen. Nur durch starke öffentliche Dienstleistungen können wir soziale Ungleichheiten bekämpfen und langfristig die Armut reduzieren.
Die Unterstützung für Menschen in Notlagen muss verstärkt werden, anstatt sie zu reduzieren. Sozialhilfeempfänger benötigen nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch Zugang zu Weiterbildung und Beschäftigungsprogrammen. Wir brauchen umfassende Maßnahmen, die den Menschen helfen, wieder auf die Beine zu kommen und langfristig unabhängig zu werden.
Die Einführung eines Mindestlohns ist entscheidend, um sicherzustellen, dass alle Arbeitnehmer ein existenzsicherndes Einkommen erzielen können. Niedriglöhne führen zu Armut trotz Arbeit und fördern die Abhängigkeit von Sozialhilfe. Ein fairer Mindestlohn ist ein Schritt in Richtung soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Stabilität.
Schlussfolgerung
Zusammenfassend müssen wir sicherstellen, dass die Schwächsten in unserer Gesellschaft geschützt und unterstützt werden. Sozialhilfe ist ein fundamentales Element eines gerechten und menschlichen Sozialstaates. Ein Abbau der Sozialhilfe und öffentlicher Dienstleistungen führt zu mehr Ungleichheit und sozialer Unsicherheit, was langfristig unsere gesamte Gesellschaft schwächt.
Medien | Datum | Links |
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Tages-Anzeiger | 22. November 2017 | 1000 Menschen protestieren gegen sozialen Kahlschlag |
Aargauer Zeitung | 22. November 2017 | Berner gegen den sozialen Kahlschlag auf die Strasse |
Südostschweiz | 22. November 2017 | 1000 Menschen protestieren in Bern gegen sozialen Kahlschlag |
Berner Zeitung | 22. November 2017 | 1000 Menschen protestieren gegen sozialen Kahlschlag |